"Alles, was in der ÖVP an korruptivem Verhalten entwickelt und auf Bundesebene gehoben wurde, hat in Niederösterreich seinen Ursprung", sagte FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker.

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Inseratenkorruption in Bund und Ländern, Postenschacher in Ministerien und Behörden sowie der Missbrauch von Corona-Fördergeldern durch ÖVP-nahe Bünde und Vereine – all das habe die Arbeit im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss zutage gefördert, sagte FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker am Freitag. Bei einer Pressekonferenz präsentierte er den 108-seitigen blauen Fraktionsbericht mit dem Titel "Kurz-Schluss – Die ÖVP und die organisierte Korruption".

Ziel der Arbeit im U-Ausschuss sei gewesen, "die schwarzen Netzwerke und die türkisen Seilschaften aufzudecken", sagte Hafenecker. In dem blauen Bericht würden das "schwarze System" und der "tiefe Staat der ÖVP" beleuchtet, der auf drei Säulen beruhen würde: Justiz-, Innen- und Finanzressort.

Einmal mehr blickte Hafenecker auf eine ganze Reihe von Affären zurück, die den U-Ausschuss beschäftigt haben. Aufgezählt wurden vom blauen Fraktionsführer etwa die "Inseratenkorruption und Steuerhinterziehung der ÖVP in Vorarlberg", die "Abzocke von Corona-Förderungen durch Jungbauern und Bauernbund in Tirol" und "Oberösterreich, wo der Seniorenbund unglaubliche Förderungen abgegriffen hat". Nicht unerwähnt ließ Hafenecker auch Niederösterreich, wo "das Zentrum des Bösen" liegen würde. "Alles, was in der ÖVP an korruptivem Verhalten entwickelt und auf Bundesebene gehoben wurde, hat in Niederösterreich seinen Ursprung."

Mit Sobotka "zur Lachnummer gemacht"

Die ÖVP habe sich "permanent am Staatsvermögen vergriffen, die schwarzen Netzwerke gefuhrwerkt, als gäbe es kein Morgen". In der Volkspartei gebe es eine "Selbstbedienungsmentalität, die endgültig beendet gehört". Es müsse nun dafür gesorgt werden, "dass die ÖVP von den Schalthebeln der Macht entfernt wird", die "Republik muss wieder auf Werkseinstellungen zurück gesetzt werden". Hafeneckers Conclusio: "Mit dieser ÖVP ist kein Staat zu machen, sie hat den Staat beinahe zerstört."

Der FPÖ-Fraktionsführer bekräftigte auch seine Forderung nach einer Reform der Geschäftsordnung des U-Ausschusses. Es brauche mehrere Änderungen, damit das Gremium eines sein könne, "das auch Zähne hat". Befragungen von Auskunftspersonen von öffentlichem Interesse müssten künftig etwa – wenngleich auch zeitversetzt – live im Fernsehen übertragen werden. Auch sollten Verfahrensanwälte abgewählt werden können. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass jede Fraktion bei jeder Befragung die Möglichkeit bekomme, Fragen zu stellen.

Außerdem brauche es auch Änderungen der Regelungen im Zusammenhang mit der Vorsitzführung. Den Vorsitz solle künftig nicht automatisch der Nationalratspräsident innehaben, sondern wie schon in der Vergangenheit eine Person, die "aus der Mitte der Abgeordneten" gewählt werde. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sei ein Vorsitzender gewesen, "der parteiischer nicht sein hätte können", mit ihm habe man sich "international zur Lachnummer" gemacht, sagte Hafenecker.

FPÖ will Corona untersuchen

Der freiheitliche Generalsekretär bedauerte außerdem, "dass uns die Zeit gefehlt hat, noch mehr Aufklärungsarbeit leisten zu können". In diesem Zusammenhang übte Hafenecker auch Kritik an den Neos. Diese hätten durch ihre Weigerung, den U-Ausschuss zu verlängern, der Aufklärung entgegengewirkt. Er hofft, dass man diese doch noch fortsetzen könne, denn "einige Dinge sind im schwarzen Dunkel geblieben".

Die Einsetzung eines neuen U-Ausschusses ist jedoch derzeit nicht in Sicht. Die FPÖ hat am Mittwoch zwar wie angekündigt im Nationalrat einen Antrag auf Einsetzung eines Corona-U-Ausschusses eingebracht. Um diesen einsetzen zu können, ist allerdings ein Viertel der 183 Nationalratsabgeordneten nötig. Die FPÖ zählt 30 Mandatare, das heißt, sie braucht entweder die Unterstützung einer der Regierungsparteien, was auszuschließen ist, der SPÖ oder der Neos mit der freien Abgeordneten Philippa Strache. Zumindest die SPÖ hat bereits abgewunken und ließ wissen, vorerst nicht für einen solchen U-Ausschuss zu haben zu sein.

ÖVP präsentiert Bericht nicht

Damit haben alle Fraktionen bis auf die ÖVP ihre Berichte auch der Öffentlichkeit präsentiert. Die Volkspartei hingegen plant keine Präsentation ihres Berichts, heißt es auf Anfrage des STANDARD aus dem ÖVP-Klub.

Die Neos legten am Donnerstag ihren Bericht vor. Mit diesem wolle man aufzeigen, "wie man die Sümpfe der Korruption, in denen die ÖVP gewandert ist, trocken legen kann", sagte Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Etwa durch ein schärferes Korruptionsstrafrecht, ein Informationsfreiheitsgesetz und einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt. "Ja, wir haben es hier mit systematischer Korruption zu tun und nicht mit irgendwelchen Einzelfällen", fasste SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer das Ergebnis der Arbeit im Untersuchungsausschuss und des roten Berichts in der Vorwoche zusammen. Grünen-Fraktionsführerin Nina Tomaselli wiederum legte ihren Fraktionsbericht bereits Anfang Februar vor und resümierte: "Wir haben sehr genau aufgezeigt, wie ein kleiner Kreis um Ex-Kanzler Sebastian Kurz die Öffentlichkeit getäuscht hat."

Nun werden die Berichte den Auskunftspersonen vorgelegt, die dann zwei Wochen Zeit haben, dazu noch ergänzende Kommentare abzugeben. Offiziell beendet wird der U-Ausschuss dann durch die Vorlage der Berichte an den Nationalrat. Die erste Plenarsitzung nach Fristende findet am 29. März statt – ob diese dort auch schon vorgelegt werden, ist noch nicht bekannt. (Sandra Schieder, 3.3.2023)